Standort Ohrdruf / Station Tobiashammer
Nicht nur Thüringer Schulkinder waren irgendwann einmal dort: im Ohrdrufer „Tobiashammer“, auch Familien und Wanderer, Technikbegeisterte und Künstler. Was macht den Reiz dieses technischen Denkmals aus, das auf seiner kleinen Wiese stehend immer wieder neue Interessenten anzieht? Allein das stattliche Alter von rund 500 Jahren kann es wohl nicht sein.
Eine genaue Jahreszahl zur Entstehung des Hammers ist nicht mehr nachzuweisen. Manche Historiker gehen vom Jahr 1482 aus, als das Wasser zum ersten Mal die Schmiedeanlage am Rande von Ohrdruf antrieb. Fest steht nur: Im Jahre 1592 kaufte Tobias Albrecht den Hammer. Auf ihn geht auch der Name „Tobiashammer“ zurück, der längst zu einem Inbegriff für das technische Denkmal geworden ist.
Auch das geschichtliche Umfeld des Tobiashammers sorgt für Interesse, zumal es sicher kein Zufall war, dass man den Hammer in die waldreiche Landschaft ans Flüsschen Ohra setzen ließ. Denn niemand Geringeres als die legendären Gebrüder Fugger aus Augsburg betrieben zwischen 1496 bis 1549 in unmittelbarer Nachbarschaft eine sogenannte Seigerhütte. In Hohenkirchen bei Georgenthal und damit nur ein paar Kilometer entfernt wurden nach der mittelalterlichen Methode des „Seigerns“ verschiedene Metalle aus der Schmelze gewonnen. Zur Verhüttung kam allerdings nicht einheimisches, sondern ungarisches Erz. Seit dem ausgehenden Mittelalter begann dann sogar der Abbau von Kupferschiefer bei Ohrdruf. 1545 errichtete man dazu auch ein Schmelzwerk, die sogenannte Blauhütte. Zweihundert Jahre später kaufte der Gothaer Herzog Friedrich III. diese Hütte und ließ sie umbauen. Eisen wollte er gewinnen. Seine Frau machte er zur Namensgeberin: Im Schmelzwerk Luisenthal wurde mit einigen Unterbrechungen von 1753 bis 1865 gearbeitet. Im 19. Jahrhundert kam es immer mal wieder zu Versuchen, Kupferschiefer in der Region abzubauen. Selbst die Firma Siemens & Halske beteiligte sich 1862 durch die Finanzierung von Versuchsarbeiten an diesen Unternehmungen. Gelohnt hat es sich wohl allerdings nicht.
Doch zurück zum Tobiashammer: In Ohrdruf entstanden zur Weiterverarbeitung der gewonnenen Metalle mehrere Hammerwerke, von denen der Tobiashammer als älteste Anlage wie durch ein Wunder überlebt hat. Die historische Anlage bestand ursprünglich aus drei mächtigen Eisenhämmern, welche durch die Kraft eines Wasserrades in Bewegung kamen. Zu Beginn setzte man voll auf Eisen. Sensen, Sicheln, Pflugschare, Lanzen und Schwerter entstanden daraus.
Der Umbau des Tobiashammers von einem Eisen- und Sichelhammer zu einem Kupferhammer wurde 1737 beantragt und durch den Grafen von Hohenlohe bewilligt. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wechselnden die Besitzer häufig, bis die Anlage letztlich der Kupferschmiedemeister Johann Carl Friedrich Maelzer erwarb. Der schloss sich mit Kaufmann Friedrich Ferdinand Ortlepp zusammen, die Firma hieß ab sofort Carl Maelzer & Comp. Seitdem wurde viel Geld investiert, um das Schmiedewerk am Laufen zu halten und profitabler zu machen. 1872, nach dem Tod von Carl Maelzer, übernahm sein Sohn August Christian Maelzer die Firma als Alleininhaber. Er vergrößerte das Anwesen durch den Ankauf von Ländereien, es wurden Kuh- und Pferdestall, Remisen und eine Scheune gebaut. Die knapp 30 Arbeiter kamen aus Ohrdruf und den umliegenden Gemeinden. Nach dem Tod von August Maelzer leitete seine Frau Minna die Geschäfte bis zum Jahre 1900, als der Hammer an ihren Schwiegersohn Hans Bähr überging. 1972 wurde der alte, damals verfallene Hammer aus Privatbesitz dem damaligen Stahlverformungswerk Ohrdruf verkauft. Um der Nachwelt ein Denkmal von großem technischen und wirtschaftshistorischen Wert zu erhalten, führte das Werk umfangreiche Rekonstruktionsmaßnahmen durch. Vor ca. zwölf Jahren ging der Tobiashammer in die öffentliche Hand der Stadt Ohrdruf über.
Heute zeigt sich das Industriedenkmal in wiedererstandener Pracht seinen Besuchern. Links der alleeartigen Zufahrt zum Hammerwerk liegt in einem Villengarten das Hammerherrenhaus. Der zweigeschossige Putzbau in spätklassizistischer Architektur nimmt das Hammermuseum auf. Gegenüber liegt das ehemalige Magazingebäude mit deutlichen Einflüssen der Gründerzeit. Hinter teilweise farbig verglasten Metall-Bogenfenstern befindet sich der Gastraum einer Schenke, hinter der Produktionsanlage ein Park, dessen Mittelpunkt eine kleine Wasserfläche und viele Skulpturen aus Metall bilden.
Hier kann man ein wassergetriebenes historisches Hammerwerk zum Schmieden ebenso in Aktion erleben, wie ein Poch- und Walzwerk oder eine richtige Großdampfmaschine. In der landschaftlich wunderschön eingebetteten historischen Anlage wird eindrucksvoll gezeigt, wie Metalle auf die unterschiedlichste Art bearbeitet werden.
Öffnungszeiten:ganzjährig und an Feiertagen, Mittwoch bis Sonntag von 10 - 16 Uhr Montag und Dienstag Ruhetag Führungen auch außerhalb der Öffnungszeiten mit Voranmeldung möglich.Änderungen vorbehalten! Bitte kontaktieren Sie uns vorher per Telefon oder Fax.
Technisches Denkmal Tobiashammer
Suhler Straße 34
99885 Ohrdruf / Thüringen
Tel.: 03624-402792
Fax: 03624-318878