Standort Apolda / Station Feuerlöschgerätewerk (Eiermannbau)

Löscht Feuer mit Total

Über viele Jahre war Apolda der Sitz eines bekannten Herstellers von Feuerlöschgeräten. Alles bgeann aus der Not heraus. Denn Mitte der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation vieler angestammter Textil-Betriebe in Apolda dramatisch. Jetzt, da der Import von Rohstoffen sowie der Export der Apoldaer Erzeugnisse ins Ausland stark eingeschränkt waren, kämpften viele Unternehmer ums Überleben. Oft wurden die einst großzügig angelegten Fabrikräume nicht mehr benötigt. Auch die Web-, Wirk- und Strickwarenfabrik Borgmann & Co. musste ihre Räume abstoßen. Dem Bürgermeister der Stadt Apolda war es aber glücklicherweise gelungen, einen Käufer für dieses Objekt zu gewinnen. Der neue Besitzer war eine Firma aus Berlin, die Total-Werke August Foerstner. Dieses Unternehmen wurde bereits 1912 gegründet und hatte sich auf Feuerlöschgeräte namens Total spezialisiert. „Löscht Feuer mit Total“ - so lautete damals ihr Werbespruch. 1936 kaufte sie den Gebäudekomplex und beauftragte bald einen befreundeten Architekten – Egon Eiermann (1904–1970) – mit der Projektierung eines Erweiterungsbaus.Dieser erlangte später großen Ruhm in der Branche. Eiermann verband die bestehenden Altbauten mit dem Neubau, ausgeführt in Stahlbeton-Skelett-Bauweise. Wie bei damaligen Industrieneubauten oft üblich, wurde auf mustergültige soziale Einrichtungen Wert gelegt. Im Total-Neubau entstanden Umkleide- und Waschräume, eine Küche nebst Speisesaal und sogar ein Dachgarten für die Mitarbeiter. Kurz vor Ausbruch des Krieges war das Gebäude fertiggestellt.

Inzwischen hatte Total den Sitz und damit die Produktion von Feuerlöschgeräten – wie versprochen – nach Apolda verlegt. Ab Mitte 1939 arbeitete das Apoldaer Werk in Doppelschichten, 1940 zählte es 370 Beschäftigte. Bis 1942 fertigte man ausschließlich Feuerlöschgeräte. Diese gingen auch an die Wehrmacht und an die Luftwaffe. Nach Kriegsende und mit dem Einrücken der russischen Truppen verließ der Inhaber Waldemar Foerstner mit seiner Familie die Stadt und seinen Betrieb. Das Unternehmen wurde unter Sequester gestellt und musste sich wegen seiner Kriegsproduktion rechtfertigen. Außerdem war Foerstner, der persönlich haftende Gesellschafter, seit 1937 Mitglied der NSDAP und Wehrwirtschaftsführer. Das führte zu seiner Enteignung.

Schlechte Aussichten: Der Chef samt Know-how im Westen, der Maschinenpark im Zuge der Reparationen unterwegs in den Osten. Trotz aller Schwierigkeiten hieß die Devise: Weitermachen. Der inzwischen landeseigene Betrieb Total-Feuerlöscher nahm mit dem Wenigen, was nach der Demontage verblieben war, die Produktion wieder auf. In den folgenden Jahren galt es aber erst mal mitzuhelfen, die dringendsten Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Deshalb stellte man zeitweise auch Kochtöpfe her, zudem Schöpfkellen, Küchenherde und Kartoffelkörbe für die Landwirtschaft. Erst 1949 ging man wieder zur Feuerlöscherproduktion über. Das Sortiment an Feuerlöschtechnik erweiterte sich Stück für Stück. Es entstanden Handfeuerlöscher für Entstehungsbrände und fahrbare Geräte zur Bekämpfung von Benzin-, Öl-, Lack- und Gasbränden sowie Groß-Feuerschutzanlagen. Die Erzeugnisse des Apoldaer Werkes kamen in der ganzen DDR zum Einsatz– beispielsweise im Erdölverarbeitungswerk Schwedt. Auch alle in der DDR gebauten Schiffe verfügten über stationäre Löschanlagen aus Apolda. Und natürlich wurde der Export gepflegt – so lieferte man nach Belgien, Griechenland, Syrien, in den Irak, auch in die Vereinigte Arabische Republik. Außerdem gehörten natürlich die sozialistischen Länder zu den Kunden.

1959 begannen die Apoldaer mit der Eigenanfertigung von Stahlflaschen. 1963 errichtete man dazu eine neue Produktionshalle. Mit einer Investition von 6,6 Millionen Mark wurde dieser Fachbereich Anfang der 70er-Jahre weiter ausgebaut. Dafür gab es gute Gründe. In der ganzen DDR gab es nämlich nur einen Hersteller nahtloser Stahlflaschen: das Apoldaer Feuerlöschgerätewerk.Nahtlose Stahlflaschen brauchte man zur Speicherung und zum Transport von technischen, medizinischen und Sonder-Gasen. Die Einsatzgebiete waren vielseitig und reichten vom Maschinenbau über die chemische bis hin zur Automobilindustrie. Natürlich wurden diese Stahlflaschen auch für Feuerlöscher benötigt. Wie überall im Osten, brachte die Wende einen Neuanfang - wenn auch mit traurigem Ausgang. Im Juli 1990 erfolgte noch die Gründung der Apoldaer Feuerlöschgeräte GmbH. Doch lange konnte sich das Unternehmen nicht im harten Wettbewerb behaupten. Nach beinahe 70 Jahren wurde die Produktion 2005 endgültig eingestellt. Im legendären so genannten Eiermann-Bau aber gingen die Lichter schon sehr viel früher aus. Die drastisch gesunkenen Beschäftigtenzahlen führten dazu, dass schon seit 1994 der ehemalige Firmensitz nicht mehr genutzt wurde. Das Bauwerk ist ein wunderschönes und viel zitiertes Industriedenkmal. Es ist ein viergeschossiger Stahlbeton-Skelettbau. Im Erdgeschoß wurden große Teile eines eingeschossigen Baues der ehemaligen Weberei einbezogen, weshalb dessen Gestaltung, vor allem auch der Fenster, der des Altbaues gleicht. Je weiter es nach oben geht, um so interessanter wird die Architektur. So sind die Wandfelder der anderen Geschosse oberhalb eines Klinkerstreifens vollständig von Fenstern eingenommen. Auf dem vierten Geschoß gibt es eine Art Dachgarten, der von einem weit ausladenden Dach überdeckt wird. Das Besondere daran: Dieses Pausendeck erinnert durch seine Gestaltung an das Sonnendeck eines Kreuzfahrtschiffes. Sogar einen Schornstein mit ovalem Querschnitt und genieteter Blechummantelung gibt es hier.

 

Der Eiermannbau befindet sich in der Auenstraße 9 in Apolda.
Das Gebäude ist saniert, aber zur Zeit nicht öffentlich zugänglich, da es für eine künftige Vermarktung vorbereitet wird. 

www.iba-thueringen.de/formate/ibacampus/eiermannbau-apolda

 

 

Außenansicht
Außenansicht
Innenansichten
Innenansichten
Vom einstigen Feuerlöschgerätewerk blieb immerhin der Eiermannbau übrig.
Vom einstigen Feuerlöschgerätewerk blieb immerhin der Eiermannbau übrig.
Je weiter es nach oben geht, um so interessanter wird die Architektur.
Je weiter es nach oben geht, um so interessanter wird die Architektur.
zurück zur Karte
SIE BEFINDEN SICH HIER:Startseite » Das Archiv » Straße der Industriekultur » Mittelthüringen