Tipp - Alter Schlachthof
Ausreichend frisches Wasser ist besonders für einen Schlachthof von Nöten. Das Städtische Schlachthaus am südwestlichen Stadtrand von Gotha, das heute ein Industriedenkmal ist, wurde 1890/91 im neugotischen Stil errichtet. Es entstand nach Entwürfen von Conrad Schaller. Das Schlachthaus sollte ein Garant für eine dauernde gute Qualität von Fleisch und der schon damals berühmten Thüringer Wurst sein. Überhaupt hat diese ihre Bekanntheit wahrscheinlich durch die bereits im 19. Jahrhundert weit über die Thüringer Grenzen hinaus begehrte „Gothaer Wurst“ erlangt. Die populärste Sorte war dabei die Zervelatwurst. Schon vor 1850 entstanden neben den zahlreichen Metzgereien auch erste Wurstfabriken zur Versorgung der wachsenden Bevölkerung. So die Fabrik vom Gothaer Heinrich Auerbach. Weitere Wurstfabriken folgten. Gegen Ende der 1870er Jahre gab es in Gotha allein sechzig Fleischer (Handwerksbetriebe und Wurstfabriken). Ein Drittel befasste sich mit dem Exportgeschäft. Zur Ausfuhr kam an erster Stelle Wurst – Zervelatwurst, Sülze, Zunge, Leberwurst –, außerdem Schinken. Gekauft wurde die „Gothaer Wurst“ in Deutschland, Österreich, Frankreich, England und Amerika. Täglich verließen die Stadt rund 50 Zentner Fleischwaren.
Doch dann stand plötzlich der gute Ruf der „Gothaer Wurst“ auf dem Spiel. Ein handfester Skandal kam ans Licht! 1878 arbeiteten einige Hersteller mit unlauteren Mitteln: Die hier fabrizierte Zervelatwurst färbte man mit Anilin und sogar ein verendetes Schwein hatte einer bei der Wurstverarbeitung verwendet! Und schon damals stürzte sich die Presse auf die Übeltäter. In den großen Städten Frankfurt, Mainz, Koblenz, Köln und Düsseldorf, bis dahin die wichtigste Kundschaft, sollen Plakate „Hütet Euch vor den Gothaer Fleischwaren!“ gehangen haben. Ein Fiasko. Doch glücklicherweise gelang es den Gothaern, das Vertrauen der Käufer wiederzugewinnen. Selbstanzeige, Strafverfolgung, öffentliche Erklärungen und letztlich die Einführung einer strengen Kontrolle waren Schritte in die richtige Richtung. Der Skandal ließ in Gotha den Ruf nach einem gut kontrollierbaren städtischen Schlachthof laut werden, ja letztlich beförderte er tatsächlich den Bau dieser Einrichtung. 100 Jahre war der Schlachthof in Betrieb! Heute ist der historische Komplex des einstigen Schlachthofes – einschließlich der früheren Ställe, Schlachthallen, des Kühl- und Kesselhauses, der Wäschereien, Werkstätten und Verwaltungsbauten – saniert und dient als attraktives Einkaufszentrum.
Alter SchlachthofParkstraße 15,99867 Gotha